Interview mit Barbara Temelie in „Körper, Geist & Seele“, Hamburg

Es wäre schön, wenn gesundes Essen wirklich in aller Munde wäre. Barbara Temelie, Ernährungsberaterin auf Grundlage der Traditionellen Chinesischen Medizin und Buchautorin, setzt sich seit vielen Jahren mit dem Thema auseinander. Sie hat die Vorzüge der 5-Elemente-Küche für sich entdeckt und sie vielen anderen Menschen nahegebracht. Das KGS hat der Expertin und Genießerin Hintergrundinformationen und Tipps entlockt.

Was haben Sie heute Morgen zum Frühstück gegessen?

Damit es schnell geht und nicht so viele Teller benötigt werden, benutze ich häufig meinem kleinen Backofen: einen kleinen, mit Curry vorgebratenen Hähnchenschlegel, frische Champignons und eine halbe Zucchini habe ich in einer Keramikschale erhitzt, und gleichzeitig eine kleine Schale mit vorgekochter Polenta.

Planen Sie bereits immer im Voraus, was Sie am Tag essen?

Einmal pro Woche mache ich eine Tour mit dem Fahrrad durch mein Viertel in St. Pauli. Da kaufe ich auch alles Frische ein, was auf dem Wochenmarkt und in den Bioläden gerade Saison hat. Hülsenfrüchte, Fleisch, Kohl- und Wurzelgemüse und Salatdressing bereite ich immer auf Vorrat zu. Einen Heringssalat vom Marktstand habe ich häufig im Kühlschrank. So dass ich ohne großen Aufwand, etwas aufwärmen und durch frische Zutaten ergänzen kann, je nach dem, worauf ich gerade Lust habe.

Wie ist es dazu gekommen, dass Sie sich so intensiv mit Ernährung und deren Wirkung beschäftigen?

Winfried Noé, ein bekannter Astrologe, hatte mir bereits vor vielen Jahren zu meiner Entscheidung gratuliert. Es steht wohl in meinen Sternen, und tatsächlich habe ich von klein an sehr gerne in der Küche geholfen. Die herzhafte Küche meiner Großmutter und meiner Mutter mit ausschließlich frischen Zutaten habe ich sehr genossen. Nur leider gab es, wie damals üblich, morgens und abends Brotmahlzeiten, und ansonsten reichlich Kartoffeln und Knödel. Ich wurde pummelig.

Welchen Weg in Bezug auf Diäten und Diättipps sind Sie gegangen?

Als ich 11 Jahre alt war, machte meine Mutter ihre erste Diät nach Dr. Atkins: „Tu dick Butter und Wurst aufs Brot und iss nicht so viele Kartoffeln!“ Seither esse ich wenig Kohlenhydrate, wenig Brot, selten Nudeln, häufig Vollkornreis, Hirse und Polenta, aber in kleinen Mengen. Ein Ausrutscher waren die großen Mengen gekochtes Getreide in meinen Anfängen mit der 5-Elemente-Ernährung. Wie viel Kohlenhydrate oder Fett und Eiweiß man verträgt, ist individuell verschieden. Das habe ich in meinem letzten Buch „Mit der 5-Elemente-Ernährung zur Wohlfühlfigur“ beschrieben.

 Wie stehen Sie zu modernen westlichen Ernährungstheorien?

Als ich in den 1980er Jahren meine ersten Seminare und Vorträge hielt, war mir jedes Mal angst und bange. Es war die Zeit der Vollwertkost mit viel Rohkost, während ich viel mehr Gekochtes und ein warmes Frühstück empfahl. Von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) wurde Fett verteufelt – wie schon seit 1957 bis heute. VegetarierInnen wurden Milchprodukte empfohlen statt Hülsenfrüchte, die weltweit als beste Eiweißquelle gelten. Die Bücher „Prost Mahlzeit, Krank durch gesunde Ernährung“ von Udo Pollmer und „Aus Teufels Topf“ von Hans-Ulrich Grimm hatten mich in den 90er Jahren gerettet. Heutzutage berichten Spiegel und Fokus über Ernährungslügen und Irrtümer der DGE und der Adipositas-Gesellschaft. Was übrig bleibt an vertrauenswürdigen Studienergebnissen, steht nicht  im Widerspruch mit der 5-Elemente-Ernährung.

Was fasziniert Sie besonders an der 5-Elemente-Ernährung?

Ebenso wie die Chinesen wussten unsere Vorfahren im Westen natürlich, wie man sich gesund ernährt. Sonst hätten sie doch gar nicht überlebt. Aber in China wurde alles dokumentiert und überliefert. Das Wissen, wie Nahrungsmittel auf Körper und Geist wirken, ist die Grundlage dafür, dass man seine Gelüste und seinen Appetit richtig einordnen kann. Etwa bei Süßgelüsten verlangt der Körper nicht nach Süßigkeiten, sondern nach mehr Fett und Eiweiß. Auf der Basis von hochwertigen frischen Zutaten ist der Instinkt der beste Ernährungsberater. Das Gehirn steuert den Appetit auf bestimmte Zutaten, je nach Bedarf des Organismus. Ist das nicht köstlich?

Was haben Sie vorher gemacht, welche Ausbildungen haben Sie genossen?

Eine große Inspiration für meine spätere Arbeit  waren die Küchen auf den vielen Stockwerken unseres  Studentenwohnheims in den 70ger Jahren in Heidelberg. Da habe ich Gerichte aus allen Erdteilen gekostet und den kreativen Umgang mit Gewürzen und Zutaten gelernt. Dafür war ich sehr wenig an der Uni…

Anfang der 80er Jahre, während meiner Ausbildung in Tai Qi Chuan, habe ich erstmals echte chinesische Küche gekostet, bei meinem Lehrer Sanli Chang. Ungewöhnliches, leckeres Essen sowie Hinweise auf die gesundheitliche Wirkung der Zutaten haben mich fasziniert. In diese Zeit fällt auch mein Staatsexamen in Ergotherapie. Danach kam eine etwas dürftige Ausbildung in TCM, die mich bewogen hat, Menschen lieber mit gutem Essen anstatt mit Akupunkturnadeln zu beglücken. Weil es keine Bücher dazu gab, habe ich 1992 mein erstes Buch geschrieben.

Welche Menschen kommen zu Ihnen in die Seminare, Ausbildungen und zur Beratung? Welches Feedback bekommen Sie?

In 25 Jahren Ernährungsberatung und Kursen habe ich fast nur Frauen gesehen, die allermeisten sehr gesundheitsbewusst und frustriert, größtenteils geschwächt durch die offiziellen, in den Medien kursierenden Ernährungsempfehlungen. Kochen und essen, worauf man Appetit hat, in guter Qualität, mit ausreichend gutem Fett, ein warmes Frühstück mit Eiern oder Getreide mit Obst und Nüssen – das macht satt, nährt den Organismus, stabilisiert die Psyche, verschafft Genuss. Und die vielen Kalorien in Kombination mit Gemüse, Salat und aromatischen Gewürzen sind gut für die Figur.

Was halten Sie von dem derzeitigen Trend, dass sich immer mehr Menschen für eine vegane Ernährung entscheiden und für Tierschutz einsetzen?

Wie man sich ernährt, muss der Körper bestimmten, nur er weiß, was sein Mensch braucht, um gesund zu sein, nicht der Kopf. Die Kraft für die Selbstbehauptung und den Einsatz für andere Lebewesen, kommt auch aus dem richtigen Essen. Schweren Herzens auf eine bestimmte Nahrung zu verzichten, verändert die Welt nicht. Ein bedeutungsvolles Leben führen, heißt auch, sich für andere einzusetzen – hoffentlich noch viel mehr, als es heute geschieht. Ein buddhistischer Lehrer aus Tibet hat die Frage des Tötens einmal in einem Vortrag etwa folgendermaßen beantwortet: In der Landwirtschaft werden zahllose kleine Tiere getötet. Ob groß oder klein macht keinen Unterschied! Wenn man Fleisch mag und braucht, soll man die Kraft daraus nutzen, Nützliches und Gutes zu tun.

Was sind Ihre Wünsche und Visionen für die Zukunft?

So weiter machen wie bisher: Menschen aufklären über Ernährungsirrtümer, über die Auswirkung von Industriekost und über die vielen Vorteile, die genussvolles, unbeschwertes Essen mit sich bringt – egal ob man mit drei oder fünf Elementen kocht. Dazu mein Buchtipp: „Vom Verzehr wird abgeraten, Wie uns die Industrie mit Gesundheitsnahrung krank macht“, von Hans-Ulrich Grimm (Droemer 2012) und ein Zitat daraus: „Keiner kann im Grunde sagen, was die optimale Ernährung ist.“ (Seite 102, Hans Hauner, Präsidiumsmitglied der DGE und Danone-Institutsmitglied)

Buchtipps

• Mit der 5-Elemente-Ernährung zur Wohlfühlfigur: Wie Sie Ihr Gewicht dauerhaft halten oder reduzieren – und sich vor Ernährungsirrtümern schützen • Knaur MensSana 2009, TB, 272 Seiten, 19,99 Euro • Barbara Temelie

• Das Fünf Elemente Kochbuch: Die praktische Umsetzung der chinesischen Ernährungslehre für die westliche Küche • Joy Verlag 2009, geb. 256 Seiten, 26,95 Euro • Barbara Temelie und Beatrice Trebuth